Die Lösung des langwierigen Problems mit der endgültigen Zulassung der 14 neuen Variobahnen für die MVG durch die Technische Aufsichtsbehörde bei der Regierung von Oberbayern – diese hatte eine Vielzahl weiterer Nachweise und Gutachten gefordert – schien Anfang dieses Jahres endlich in der Zielgeraden. Dann trat, nicht nur in München, ein Serienschaden in den Rädern der Variobahnen auf: Einzelne Gummielemente in den gummigefederten Rädern der neuen Straßenbahnen bekamen Risse. Der Hersteller, die Firma Stadler Pankow, wurde aufgefordert, das Problem zu untersuchen und zu lösen. Die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) wies darauf hin, dass dies Voraussetzung für eine endgültige Zulassung sei, ließ die Münchner Variobahnen weiterhin nur vorläufig und mit Auflagen weiterfahren. Da sich die Schäden in den Rädern in den folgenden Monaten mehrten, war ein Teil der Variobahnen aufgrund der Auflagen nicht mehr einsetzbar.

Die MVG, die die neuen Züge bestellt hatte, um das Angebot bei der Münchner Tram zu verdichten und die letzten nicht barrierefreien alten Trambahnen auszumustern, musste daher in den letzten Monaten geplante Fahrplanverdichtungen verschieben und auch mehrfach einzelne Züge kurzfristig durch Busse ersetzen. Entsprechend massiv und wiederholt forderte MVG-Chef Herbert König die Fima Stadler zur schnellen Klärung und Behebung des Problems auf. Bis Ende Juni sollte dies spätestens erfolgen; diese Frist hatte auch die Technische Aufsichtsbehörde gesetzt, damit die bis 31.8.2012 befristete Zulassung in eine endgültige umgewandelt werden könnte.

Zu diesem Termin legte die Fa. Stadler nun ein Sachverständigengutachten vor, das zu dem Schluss kam, dass Fehler in der Mischung und Verarbeitung der Gummielemente die Schadensursache sein könnten. Eine definitive Schadensursache enthält das Gutachten aber ebenso wenig wie einen belastbaren Vorschlag zur Schadensbehebung. Der Gutachter schlägt vielmehr eine Bestückung von zwei Variobahnen mit neuen (veränderten) Gummikörpern und eine längere „Beobachtung" dieser „Typprüffahrzeuge" unter Realbedingungen und unterschiedlichen Außentemperaturbedingungen (darunter mindestens eine Winterperiode) vor, um zunächst die Wirksamkeit dieser Maßnahme zu bewerten.

Für die MVG ergeben sich hieraus folgende Konsequenzen:

  • Es gibt derzeit offenbar beim Hersteller noch keine Sicherheit über die Schadensursache, somit auch kein definitives Reparaturkonzept. Es ist daher auch keineswegs ausgeschlossen, dass während und nach Abschluss des vorgeschlagenen Tests neuer Gummielemente das Schadensbild erneut auftritt und daher seitens der Fa. Stadler eine erneute zeitaufwändige Ursachensuche einzuleiten ist. Es gibt somit leider auch keine Sicherheit, dass sich das Thema nicht noch länger hinziehen könnte.
  • Die TAB kann und wird daher entsprechend ihren früheren Vorgaben bis auf weiteres noch keine endgültige Zulassung für die Variobahn erteilen. Ob und unter welchen Bedingungen die vorläufige Zulassung über den 31.8.2012 hinaus verlängert wird, ist derzeit noch unklar.
  • Selbst bei Erteilung weiterer befristeter Einsatzgenehmigungen unter Auflagen besteht für die MVG bis auf weiteres noch keinerlei Einsatzsicherheit, weil es kein dauerhaft wirksames Reparaturkonzept gibt und den Fahrzeugen jederzeit, insbesondere beim erneuten Auftreten von Schäden an den Gummielementen, die Einsatzfähigkeit entzogen werden kann.

Die von der Fa. Stadler als Hersteller zu vertretende Situation und der hiermit verbundene temporäre Fahrzeugmangel könnte leider weiter Auswirkungen auf das Fahrplanangebot der MVG haben. Im laufenden Jahr würde dies allerdings erst voraussichtlich ab 24.11. spürbar, da bis dahin infolge diverse Gleisbaumaßnahmen ein vorübergehend reduzierter Tram-Fahrzeugbedarf besteht.
In welchem Umfang und ab wann die geplanten Taktverdichtungen möglich sind, hängt natürlich ebenfalls von der Fahrzeugverfügbarkeit ab und muss für den ab Dezember gültigen Fahrplan spätestens Ende August entschieden werden. Die MVG wird bis dahin unterschiedliche Stufenkonzepte in Abhängigkeit von der verfügbaren Fahrzeugzahl erarbeiten.

Um die negativen Auswirkungen der Nichtverfügbarkeit der Variobahnen ab 24.11. und dann ggf. ab Fahrplanwechsel im Dezember so weit wie möglich zu reduzieren, wurden und werden seitens der MVG aktuell folgende Maßnahmen getroffen:

  • Die vorhandenen (nicht barrierefreien) Altbauzüge vom Typ P (vsl. 5 Züge) werden ab sofort unter Inkaufnahme eines erheblichen Mittelbedarfs aufgearbeitet, um ihre weitere Einsetzbarkeit trotz ihres hohen Alters (rund 45 Jahre) sicherzustellen.
  • Durch veränderte Arbeitszeiten und Schichteinteilungen (in Abstimmung mit dem Betriebsrat) sowie Personalzuschaltung in den Werkstätten wollen SWM/MVG versuchen, Reparaturzeiten für den vorhandenen Fahrzeugbestand nochmals zu verkürzen, um damit die Häufigkeit von schadens-, insbesondere unfallbedingten Fahrzeugausfällen zu reduzieren.
  • Da deshalb alle Werkstattkapazitäten von SWM/MVG auf die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft der vorhandenen übrigen Tramfahrzeuge zu konzentrieren sind, wird die Übernahme von Arbeiten zum Austausch von Gummikörpern an Variobahnen im Auftrag der Fa. Stadler ab sofort eingestellt.
  • Die Fa. Stadler wurde von MVG-Chef König aufgefordert, in eigener Verantwortung schnellstmöglich eine dauerhafte Reparatur der Fahrzeuge und die Herstellung eines zulassungsfähigen Zustands vorzunehmen. Die Fa. Stadler wurde ferner aufgefordert, hierfür einen Zeitplan vorzulegen, damit der Zeitpunkt für die belastbare Wiedereinsetzbarkeit der Fahrzeuge für die MVG kalkulierbar wird.

Der eventuelle Einsatz gebrauchter Straßenbahnen wird parallel hierzu weiterverfolgt. Allerdings wäre dafür Voraussetzung, dass bei deren Zulassung durch die TAB für das Münchner Netz deren in Deutschland bereits bestehende Zulassung andernorts mitberücksichtigt und nicht die heutige Normenlage zum Maßstab gemacht wird. Normen haben sich natürlich in den letzten Jahrzehnten geändert, gebrauchte Fahrzeuge sind logischerweise nach älteren Normen gebaut. Hierzu werden weitere Gespräche mit der Aufsichtsbehörde geführt.

Eine Anmerkung noch zur Behauptung, die MVG hätte vorschnell Altbaufahrzeuge nach Rumänien abgegeben: Die Abgabe erfolgte in den Jahren 1998 bis 2004. Die Fahrzeuge wurden aus technischen Gründen ausgemustert; sie waren aufgrund ihres Zustands in Deutschland nicht mehr einsetzbar und wurden bereits durch die in den Jahren 2000-2001 beschafften Neubauzüge (Typ R 3.3) ersetzt. Die durch die Variobahnen zu ersetzenden restlichen Altbauzüge stehen hingegen nach wie vor in München zur Verfügung und werden jetzt, wie oben dargestellt, auch länger eingesetzt.

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