Am 27. Januar 2013 endet die Ära der Tatra-Wagen in Magdeburg mit einem letzten Plandienst auf der Linie 3 zwischen Olvenstedt und Reform. Zum ersten und gleichzeitig zum letzten Mal werden Tatra-Wagen über die Neubaustrecke nach Reform rollen.

Wir geben gemeinsam mit dem Verein IGNah an diesem Sonntag den letzten verbliebenen Tatra-Triebwagen der Baureihen T4D und T6A2 die Ehre, sich von ihren treuen Fahrgästen und ihrer großen Fangemeinde zu verabschieden.

Ab 9 Uhr mit dem Beginn des Tagesverkehrs bis etwa 16 Uhr ist auf der Linie 3 noch einmal der »spröde« Charme der tschechischen Fahrzeuge zu erleben, die einst den Straßenbahnbetrieb in Magdeburg revolutionierten.

Fahrplan der Linie 3

Ab 16 Uhr werden dann die Tatra-Züge auf der Linie 3 nacheinander gegen Niederflurgelenktriebwagen ausgetauscht. Drei Züge – der historische Zug mit den Triebwagen 1001 und 1120 sowie dem Beiwagen 2002 aus der ersten Bauserie des Jahres 1969, die T4D-Doppeltraktion aus den Triebwagen 1272 und 1248 sowie ein T6/B6-Großzug – rücken dann in das Museumsdepot Sudenburg ein. Hier erfolgt die ehrenvolle Verabschiedung der Züge in den Ruhestand, bevor sich die Tore des Depots gegen 18 Uhr schließen werden.

Im Museumsdepot Sudenburg zeigen ab 12 Uhr Mitglieder der Magdeburger Straßenbahnfreunde e.V. ausgewählte Module ihrer Modellstraßenbahnanlage. In der Wagenhalle können Tatra Arbeitsfahrzeuge besichtigt werden.

Von 12 bis 16 Uhr verkehrt zwischen Leipziger Chaussee und Museumsdepot der historische Gotha-Zug (Triebwagen 413 und Beiwagen 509) auf der Linie 77. Der Fahrschulwagen 774 lädt im gleichen Zeitraum mehrmals zu Mitfahrten zwischen Museumsdepot und Hauptbahnhof ein, hier ist die Zahl der Fahrgäste auf 8 je Fahrt begrenzt.

Fahrplan der Linie 77

Anlässlich der Verabschiedung der Tatra-Wagen gibt der Verein IGNah eine Broschüre (nicht nur für Tatra-Fans) heraus, die zum Preis von 14,– Euro erstmals am 27. Januar erworben werden kann.

Auf allen Zügen der Linie 3 gelten die Fahrkarten des Verkehrsverbundes marego für die Tarifzone 010 Magdeburg.
Auf der Linie 77 und im Fahrschulwagen gelten Sonderfahrscheine, die bei den Schaffnern in den Wagen erworben werden können.

Hintergrundinformationen:

Am 27. Januar 2013 wird er tatsächlich und unwiderruflich geschehen: Der Abschied von der Tatra-Straßenbahn in Magdeburg.

Am 19. April 1969 läuteten die Tatra-Wagen das Ende der »guten, alten Straßenbahnzeit« ein. In der Rückschau betrachtet vollzog sich die Modernisierung des städtischen Schienennahverkehrs in rasantem Tempo: Schon nach 9 Jahren verfügte die MVB 1978 über einen typenreinen Tatra-Wagenpark, wohlgemerkt als erster Verkehrsbetrieb in der DDR. Noch bewundernswerter ist dieser Fakt, wenn man berücksichtigt, dass nach und nach auch das gesamte Gleisnetz und die Stromversorgung den Anforderungen der Bahnen angepasst werden mussten.

Als 20 Jahre später mit der friedlichen Revolution im November 1989 das gewohnte Leben der Menschen komplett in Bewegung geriet, hatte das natürlich auch Auswirkungen auf die Straßenbahn. Viele Magdeburger fuhren bald mit dem eigenen Auto und nicht mehr mit der Straßenbahn – wohl auch, um außerhalb der Stadt zur Arbeit zu kommen. Die Liquidation vieler Großbetriebe führte zum Wegfall des Berufsverkehrs.

Den wirtschaftlichen Schwierigkeiten begegnete die MVB mit einer erneuten Modernisierung der Fahrzeugflotte. Der erste Niederflur-Gelenktriebwagen fuhr 1994 über Magdeburger Gleise. Parallel dazu wurden etliche Tatra-Wagen modernisiert, damit sie weitere Jahre ihre täglichen Runden im Liniendienst drehen konnten.

Nun sind nach insgesamt 44 Jahren das tatratypische Jaulen der Motoren, das Knacken des Hauptschützes und das helle Klingeln, welches das summende Schließen der Türen vor der Abfahrt ankündigte, endgültig Geschichte.

Wobei, das Wort »endgültig« stimmt eigentlich gar nicht. Denn dank der Initiative unermüdlicher Straßenbahnenthusiasten und der Unterstützung durch die MVB wird einer der typischen Tatra-Großzüge, bestehend aus zwei Trieb- und einem Beiwagen, einsatzfähig erhalten. Der Triebwagen 1001 und der Beiwagen 2002 stammen aus der ersten Lieferserie des Jahres 1969. Und der Triebwagen 1120, Baujahr 1975, war der erste Tatra-Wagen, der im Oktober 1986 mit Werbetafeln ausgestattet wurde.

Vom Museumsdepot Sudenburg aus wird dieser Zug auch künftig zu Sonderfahrten starten. Dann kann jeder Fahrgast ganz entspannt in seinen persönlichen Erinnerungen an die Tatra-Straßenbahn schwelgen.

Das Museumsdepot befindet sich am Ambrosiusplatz, die Straßenbahnen der Linien 1 und 10 bringen sie direkt dorthin.