Der Freitag, 1. August 2014 ist ein großer Tag für die Gemeinde Lilienthal, Bremen und die Bremer Straßenbahn AG (BSAG): Die rund 5,5 Kilometer lange Verlängerung der Straßen-bahnlinie 4 von der bestehenden Schleife in Borgfeld bis nach Falkenberg ist die erste, welche die Landesgrenze zwischen Bremen und Niedersachsen überquert.

Die Freie Hansestadt Bremen und die Gemeinde Lilienthal haben die Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH (WBL) beauftragt, die Ver-längerung der Straßenbahnlinie 4 von Borgfeld bis nach Falkenberg umzusetzen. Die WBL fungiert somit als Vorhabensträgerin der Baumaßnahme. Mit der Steuerung des gesamten Projekts, also zum Beispiel des Gleis- und Straßenbaus, der Verlegung von Kanälen und Versorgungsleitungen, sowie der Herstellung von Neben-anlagen, ist die Consult Team Bremen GmbH, eine hundertprozentige Tochter der BSAG, beauftragt.

Bau in drei Schritten

Die Straßenbahnlinie 4 bis nach Falkenberg umfasst insgesamt drei Bauabschnitte:
 Kirchbachstraße – Horner Mühle (1998 eröffnet),
 Horner Mühle – Borgfeld (2002 eröffnet) und
 Borgfeld – Falkenberg (2014 eröffnet).

Das Verkehrsangebot in Lilienthal wird mit der Einrichtung der Straßenbahn erheblich verbessert. Eine umsteigefreie Fahrt in die Bremer Innenstadt wird gewährleistet, der Fahrkomfort steigt. Zu-dem fährt die Straßenbahn häufiger als die Linie 30, also zum Beispiel während der Hauptverkehrszeit alle 15 Minuten statt wie bisher im 20-Minuten-Takt oder tagsüber alle 20 Minuten statt im 40-Minuten-Takt. Gleichzeitig nehmen die Umweltbelastungen in der Lilienthaler Hauptstraße und in der Falkenberger Landstraße ab. Davon profitieren Geschäfte und Anwohnende. Die Straßen-bahnlinie 4 ist Auslöserin einer Neugestaltung und Aufwertung des Lilienthaler Ortskerns, von dem alle Bürgerinnen und Bürger Vor-teile haben. Der Straßenbahnbetrieb bringt der Gemeinde Lilienthal eine schnelle und bequeme Verbindung nach Bremen und steigert gleichzeitig die Wohn- und Lebensqualität in Lilienthal. Und die Bremerinnen und Bremer können ebenso bequem eine Tour über die Wümme bis nach Lilienthal machen.

Stimmen

Lilienthals Bürgermeister Willy Hollatz: Die Aufnahme des Betriebes der Linie 4 in Lilienthal ist ein großer Tag für die Gemeinde Lilienthal und für die Region."

Manfred Lütjen, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH (WBL): „Mit der Inbetriebnahme der Linie 4 hat Lilienthal jetzt mit der Fertigstellung der Ortsentlastungsstraße in 2010 und dem Bau der Straßenbahnlinie 4 von Borgfeld bis nach Falkenberg sein Haupterschließungssystem vervollständigt."

Hajo Müller, BSAG-Vorstand Finanzen, Marketing & Vertrieb: „Alle seit 1998 eröffneten neuen Straßenbahn-Strecken haben uns mehr Fahrgäste gebracht. Statt 92,5 Millionen jährlich beförderter Kundinnen und Kunden, die unsere Linien Ende der neunziger Jahre nutzten, sind es heute über 105 Millionen. Und es sollen noch mehr werden, nämlich 110 Millionen jährlich. Das ist realistisch, wenn immer mehr Menschen über eine attraktive Straßenbahn-Anbindung verfügen können und nicht mehr umsteigen müssen. Das deutlich verbesserte Angebot trägt dazu bei, dass auch künftig noch mehr Menschen mit uns mobil sein können."

So geht es lang

Busse und Autos, die sich im Stau mühsam durch die Haupt-straße quälen, Abgase, Lärm und Verspätungen: Das war noch vor kurzem die Verkehrssituation in Lilienthal. So sollte es nicht bleiben! Die Entlastungsstraße ist bereits eröffnet. Als weiterer Bau-stein des Verkehrskonzepts eröffnen die Gemeinde Lilienthal, die Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH und die Freie Hansestadt Bremen nun die Straßenbahn.

Von der bestehenden Wendeschleife in Borgfeld verläuft die Trasse zunächst in der Mitte der Borgfelder Allee, dann östlich neben der Borgfelder Allee und der Flutbrücke. Sie quert dann auf der vorhandenen Brücke die Wümme, anschließend die Wörpe und gelangt so nach Lilienthal. Der Gleiskörper ist bis zur Brücke über-wiegend mit Rasen begrünt. Im Abschnitt Trupe bis Tornéestraße kann die Hauptstraße vom motorisierten Individualverkehr (zum Beispiel von Autos) nur in Richtung Falkenberg befahren werden. Sie ist dort also eine Einbahnstraße. Die Straßenbahn fährt jedoch in beiden Richtungen und erhält stadteinwärts einen besonderen Bahnkörper.
Zwischen den Haltestellen Feldhäuser Straße und Lilienthal-Mitte ist die Straßenbahn als ebenerdige Trasse mit Asphalteindeckung gebaut. Das heißt, Straßenbahn und Pkws nutzen gemeinsam eine Fahrbahn. Die geringe Verkehrsbelastung und der glatte Fahrbahnbelag führen zu einer spürbaren Lärmminderung. Als Fol-ge der Ortsentlastungsstraße wird der Individualverkehr im Zentrum abnehmen. Zudem ist die Geschwindigkeit auf höchstens 30 km/h begrenzt, so dass die Aufenthaltsqualität wesentlich verbessert wird. Auch die Überquerung für Fußgängerinnen und Fußgänger ist künftig freizügig möglich.

Im weiteren Verlauf wechseln sich kurze Bereiche mit besonderem Bahnkörper (d.h. eigener Gleiszone für die Straßenbahn) mit Abschnitten ab, in denen die Schienen in der Fahrbahn verlegt werden (straßenbündig). So wurde zum Beispiel entlang des Friedhofs und des folgenden Gehölzes diese straßenbündige Lösung gewählt, um Eingriffe in Grundstücke, Baumbestand und Parkplätze auf das Notwendigste zu beschränken. Zwischen den Haltestellen Timkenweg und Falkenberg ermöglichten die Platz-verhältnisse den Bau eines besonderen Bahnkörpers in Asphalt-Bauweise in der Straßenmitte ähnlich wie bei der Linie 4 in der Schwachhauser Heerstraße. In einem Teilbereich, ab der Haltestelle Auf dem Kamp bis Kutscher Behrens, ist jener eingleisig, ansonsten zweigleisig ausgeführt.

Die Wendeschleife der Straßenbahn ist am ehemaligen Falkenberger Kreuz entstanden. Ein flüssig zu befahrender Straßenring nimmt den Individualverkehr auf. Die End-Haltestelle Falkenberg ist als sichtbares Eingangstor Lilienthals und als Ausgangs- beziehungsweise Endpunkt der Straßenbahn gestaltet. Hiermit ist eine erhebliche städtebauliche Aufwertung des gesamten Bereichs verbunden. Für beide Fahrtrichtungen ist ein Umsteigen zwischen Regionalbussen und Straßenbahn am selben Bahnsteig ermöglicht. Ein Park&Ride-Platz mit etwa 140 Stellplätzen und eine größere Bike&Ride-Anlage sowie Taxistände sind ebenfalls berücksichtigt.

Die Natur im Blick

Die Gemeinde Lilienthal, die Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH, die Stadt Freie Hansestadt Bremen und die BSAG haben viel getan, damit Mensch und Natur beim Bau und beim späteren Betrieb der Straßenbahn so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Zwar mussten aufgrund der Baumaßnahmen zwischen Borgfeld und Falkenberg leider rund 360 Bäume entfallen. Aber etwa 170 Bäume werden entlang der Trasse neu gepflanzt, zum Beispiel Stieleichen, Winterlinden und Bergahorne. Zusätzlich sind abseits der Straßenbahnstrecke, zum Beispiel in Seitenstraßen, insgesamt 330 weitere neue Baumstandorte in Vorbereitung.

Das Mittelholz ist ein Waldstück nördlich des Lilienthaler Zentrums und gilt als wertvoller Eichen-Mischwald. Die dem Mittelholz-vorgelagerte Hecke musste entfernt, der neue Geh- und Radweg in den Randbereich des Waldes verlegt und dieser somit überbaut werden. Einige der das Mittelholz säumenden Altbäume waren zu roden. Ziel ist die Entwicklung eines neuen Randbereichs, der langfristig den Wald gegenüber den Beeinträchtigungen durch den Straßenverkehr abschirmt. Auf den freien Flächen sind Arten der bodensaueren Eichen-Mischwälder (Rotbuche, Hainbuche, Stieleiche, Hasel, Weißdorn, Faulbaum u. a.) gepflanzt.

Wümme und Wörpe: Die Straßenbahnstrecke berührt auf rund 400 Metern Länge im Bereich der Wümme-Niederung das Naturschutzgebiet Borgfelder Wümmewiesen. Es genießt gleichfalls als Vogelschutzgebiet gemäß EU-Richtlinie gesetzlichen Schutz. Um die Beeinträchtigungen von Vögeln und Amphibien im Bereich der Wümme-Niederung zu verringern, wurden die Baumaßnahmen außerhalb der Laichzeiten und der Hauptbrutzeit (Februar bis Ende Juni) durchgeführt. Nach Abschluss der Baumaßnahme wurden die Stillgewässer, das Grünland, die Röhricht-Bereiche und die Wei-dengebüsche erneut angelegt. Sie können somit ihre Lebensraum-funktion bereits nach wenigen Jahren wieder erfüllen. Nachhaltige erhebliche Beeinträchtigungen des Naturschutzgebietes, so das Ergebnis der Gutachter, sind somit nicht zu erwarten. Durch die Ausgleichsmaßnahmen vor Ort werden die beeinträchtigten Biotope ihre Funktionen zeitnah wieder erfüllen.

Im Bereich der Wümme-Niederung haben Biologen den Fischotter entdeckt. Die bei Lilienthal in die Wümme mündende Wörpe stellt daher ein mögliches Ausbreitungsgebiet dar. Um dieses Ausbreitungspotenzial nicht zu beeinträchtigen, ist die neue kombinierte Geh- und Radwegbrücke über die Wörpe fischottergerecht ausgeführt (Bau beidseitiger Steganlagen für die Fischotter unter-halb der Brücken. Sie garantieren die gefahrlose Durchgängigkeit der Wanderungsmöglichkeit für den Fischotter entlang der Wörpe). In Höhe Kutscher Behrens ist die Niederung der alten Wörpe durch einen Otterdurchlass mit der Wörpe verbunden. Er erlaubt Kleintieren, wie Igeln, aber auch dem Fischotter, eine gefahrlose Unterquerung der Straße.

Geplant ist zudem die naturnahe Entwicklung eines Abschnitts der Wörpe bei Grasberg: Ein Randstreifen der Wörpe nördlich von Grasberg wird nach naturschutzfachlichen Kriterien entwickelt und extensiviert. Durch zusätzliche Gewässer-Aufweitungen ist die Schaffung von Bereichen beabsichtigt, die wertvolle Lebensräume für im Wasser lebende (aquatische) Organismen darstellen. Das Ziel ist die Neugestaltung des Landschaftsbildes durch die Anlage von Brachen und kleinen naturnahen Gewässern, die auch eine Funktion als Laichgewässer erfüllen können. Zugleich sind die Vernetzungsfunktionen im Sinne des Arten- und Biotopschutzes ein Ziel.
Daten und Fakten

Bauherr Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH

Bauzeit Frühjahr 2011 bis zum Sommer 2014.

Beteiligte Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bundesland Niedersachsen, Gemeinde Lilienthal, Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH, Freie Hansestadt Bremen, ZVBN, BSAG, CTB.

Erschlossene Einwohner 17.000

Fahrzeit Fahrzeit der Neubaustrecke: 12 Min.
Fahrzeit von Falkenberg zum Hauptbahnhof heute (mit Umsteigen): 41 bis 45 Min.
Fahrzeit von Falkenberg zum Hauptbahnhof künftig (4/4S; direkt): 37 bis 40 Min.

Finanzierung Rund 36,5% Bund, 34,5% Niedersachsen, 8,0% Bremen, 16,5% Lilienthal, Versorger 3% und 1,5% ZVBN.

Grünkonzept Etwa 500 Bäume wurden neu gepflanzt.

Haltestellen 10 Stück

Länge Etwa 5,5 Kilometer (Borgfeld – Lilienthal – Falkenberg).

Linien tagsüber Straßenbahnlinien 4 und 4S
Linien nachts Nacht-Straßenbahnlinie N4

Park-and-Ride (P&R) 140 Plätze an der Haltestelle Falkenberg

Bike-and-Ride (B&R) 100 Stellplätze an der P&R-Anlage Falkenberg, davon sind rund 40 überdacht. Weitere (Fahrradbügel) wird es an den Haltestellen Lilienthal-Mitte und Kutscher Behrens geben.

Projektsteuerung Consult Team Bremen GmbH (CTB; Tochterge-sellschaft der BSAG).

Rasengleis Auf dem Abschnitt von der Borgfelder Wende-schleife bis zur Wümmebrücke (mit Unterbrechungen) 450 Meter Länge plus Wendeschleife in Falkenberg.

Straßenbahnlinie 4 Bremen-Arsten – Huckelriede – Buntentor - Domsheide (Zentrum) – Hauptbahnhof – Schwachhausen – Horn-Lehe – Borgfeld – Lilienthal – Falkenberg.