Der neue Doppelstockzug der SBB für den Fernverkehr bietet mobilitätseingeschränkten Personen einen Niederflureinstieg, Rollstuhlplätze über den ganzen Zug verteilt, Behindertentoiletten sowie einen Catering-Service am Platz. Zwei Behindertenverbände fordern zusätzlich einen Lift ins Oberdeck des Speisewagens sowie eine Verschiebung des Rollstuhlbereichs vom Unterdeck des Speisewagens in den benachbarten Wagen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerden dieser Verbände nun teilweise gutgeheissen. Die SBB wird verpflichtet, den Rollstuhlbereich zu verschieben. Der von einem der beiden Behindertenverbänden zusätzlich geforderte Einbau eines Liftes im Speisewagen erachtet das Gericht dagegen als unverhältnismässig.
Die SBB berücksichtigt bereits bei der Konzipierung eines neuen Zuges die Bedürfnisse ihrer Anspruchsgruppen – etwa von Pro Velo, Pro Bahn oder von Behindertenverbänden. Da die Nachfrage nach Sitzplätzen steigt und das Raumangebot vorgegeben ist, gilt es, akzeptable Lösungen für alle zu finden. Eine Vorgabe ist, dass sich mobilitätseingeschränkte Personen diskriminierungsfrei im öffentlichen Verkehr bewegen können. Dafür setzt sich die SBB seit langem ein (siehe Kasten).
Seit Beginn des Projekts Fernverkehrs-Doppelstockzug im Jahre 2008 pflegt die SBB – wie bei Beschaffungen üblich – eine enge Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verkehr (BAV) und der Schweizerischen Fachstelle Barrierefreier öffentlicher Verkehr (BöV). Unter anderem wurden die Verbände eingeladen, bei der Formulierung des Anforderungskataloges mitzuarbeiten und zu einem späteren Zeitpunkt die Maquette des neuen Zuges zu besichtigen. Laut BAV hat die SBB die Vorgaben des Behindertengesetzes bereits in den Typenskizzen ausreichend berücksichtigt. Das BAV hat diese Typenskizzen mit dem vorgesehenen Rollstuhlbereich denn auch genehmigt.
Beschwerden gutgeheissen
Das Bundesverwaltungsgericht hatte über zwei Kritikpunkte von Behindertenorganisationen zu entscheiden, die einerseits die Lage des Rollstuhlbereichs, andererseits den Zugang zum Oberdeck des Speisewagens mittels eines rollstuhlgängigen Aufzugs betrafen. Die Forderung auf Einbau eines Lifts hat das Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Die Lage des Rollstuhlbereichs wurde dagegen als nicht optimal beurteilt. Das Gericht verlangt, dass der Rollstuhlbereich vom Unterdeck des Speisewagens in einen benachbarten Wagen verschoben wird. Es bestehe ein Anspruch der Behinderten auf „Reise im allgemeinen Fahrgastbereich", argumentiert das Gericht.
Die Projektanpassungen, welche durch den Entscheid nötig werden, verzögern die Produktion und Inbetriebnahme der neuen Züge massiv. Dies zieht noch nicht absehbare Auswirkungen auf den Bahnbetrieb nach sich, die Kostenfolgen müssen berechnet werden. Die vom Bundesverwaltungsgericht verlangten Projektanpassungen sind aus Sicht der SBB unverhältnismässig. Die SBB prüft in enger Abstimmung mit Bombardier, ob sie den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen wird.