Die Instandhaltung der Tunnel, Gleisanlagen und Bahnhofsbauwerke ist eine Daueraufgabe der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft und der Stadt Nürnberg. Zur Bauwerksbeurteilung und zur Vorbereitung von Sanierungsarbeiten sind möglichst genaue Unterlagen erforderlich. Deshalb vermisst die VAG derzeit in Zusammenarbeit mit dem U-Bahn-Bauamt das Liniennetz der U1 und U2 sowie einige Bahnhöfe, an denen in nächster Zeit Baumaßnahmen geplant sind. Dabei kommt eine neue Methode zum Einsatz, die bisher meist oberirdisch Anwendung fand: das 3DLaserscanning.
Was der Computertomograph für den Körper, ist der Laserscanner für Bauwerke. Die Bestandsvermessung durch das 3D-Laserscanning liefert als Ergebnis eine im Raum orientierte Punktewolke. Daraus wird ein digitaler CADDatenbestand generiert und damit eine zeitgemäße Datengrundlage geschaffen. Die Lorenz- und die Sebalduskirche sowie die Kaiserstallung der Burg hat das von der VAG beauftragte Ingenieurbüro Christofori und Partner aus Roßtal beispielsweise bereits mittels Laserscannern vermessen. Auch Gotthard- und Arlbergtunnel sowie die U-Bahn Barcelonas wurden auf diese Weise von dem Ingenieurbüro digitalisiert. In Bayern ist die dynamische Vermessung von U-Bahn-Anlagen jedoch eine Premiere.
Die Konstruktion ist außergewöhnlich: eine Diesellok des VAG-Gleisbaus zieht das Messfahrzeug auf einem Anhänger nachts während der Betriebsruhe mit sieben Stundenkilometern durch die U-Bahn-Tunnel. Das Messfahrzeug ist gespickt mit einer Vielzahl an Messtechnik, die ursprünglich aus der Navigation stammt: Drei Laserscanner und acht Infrarotkameras erfassen eine Million Punkte pro Sekunde. Sie wurden speziell auf das Tunnelprofil der Nürnberger U-Bahn angepasst. Die beiden Laserscanner rechts und links scannen das komplette Lichtraumprofil des Tunnels, der dritte das untere Lichtraumprofil sowie das Gleis.
Während der Fahrt erfassen die Scanner fortlaufend Millionen von Messpunkten. Die gesamte sichtbare Oberfläche inklusive Gleisen, Stützen, Bauwerken, Bahnsteigkanten, Rissen oder Kabeln wird abgetastet. So entsteht eine fast fotografische Darstellung. Die gelieferten Daten sind bis auf wenige Millimeter exakt. Sie dienen den für den Unterhalt der Bauwerke zuständigen Ingenieuren als Basis für umfangreiche Auswertungen und Messungen. Ab Mitte Februar vermisst das U-Bahn-Bauamt zusätzlich die U-Bahnhöfe Frankenstraße, Maffeiplatz, Aufseßplatz, Hauptbahnhof, Lorenzkirche, Scharfreiterring und Muggenhof stationär mittels Laserscanning. Beinhaltet sind alle Räumlichkeiten der jeweiligen Bahnhöfe, also nicht nur der beim dynamischen Scanning im Vorbeifahren erfasste Bahnsteigbereich.
„Bisher sind im Bereich der U1 und U2 meist nur Papierpläne vorhanden", erklärt Ralf Brecht, der bei der VAG für das Projekt verantwortlich ist. „Oft ist Lage oder Geometrie von Gleisanlagen, die Länge von Stromschienen oder Einbauten wie Signalen nicht genau bekannt. Wenn wir aber Instandhaltungs- oder Erneuerungsmaßnahmen planen, brauchen wir exakte Daten. Das bedeutet bisher einen erheblichem Mehraufwand." Die Scandaten bieten in Zukunft eine effektive und genaue Planungsgrundlage, die unter anderem eine virtuelle dreidimensionale Betrachtung der Örtlichkeit, Messungen und Analysen am PC ermöglicht und somit langfristig zur Kosteneinsparung beiträgt.
Sechs Nächte sind eingeplant, um 65 Kilometer Tunnel, Gleise und die Bahnsteigebenen zu vermessen. Um die Messgenauigkeit sicherzustellen, haben die von VAG und U-Bahn-Bauamt beauftragten Vermessungsingenieure bereits vergangenes Jahr 80 Zielpunkte im Abstand von einem Meter an Wand, Decke und Boden des Tunnels im Bereich Bauernfeindstraße verteilt. Hier fährt das Fahrzeug zu Beginn und nach Ende der Messung durch und gleicht die Daten mit den Messungen ab. Ein Passpunktfeld zur Orientierung und Verknüpfung der Messergebnisse mit der Örtlichkeit wurde im gesamten Bereich der U1 und U2 in den vergangenen Jahren aufgebaut und vermessen.
Die Diesellok mit Anhänger rückt ab 21.00 Uhr aus, um zu ihrem Zielort überführt zu werden oder vor Betriebsschluss schon Abstellanlagen zu erfassen. Ausgeklammert sind die Äste der U3, weil hier noch Erweiterungsmaßnahmen laufen und aufgrund der neueren Baujahre einige digitale Unterlagen bereits vorhanden sind.