"Die heute beschlossene Frauenquote setzt auf zu hoher Ebene an. Sie ist zwar ausreichend flexibel, denn sie erlaubt Unternehmen, weiterhin auch männliche Kandidaten in den Aufsichtsrat zu berufen, sofern keine geeignete Bewerberin zur Verfügung steht. Doch aktuell und sogar mittelfristig wird es unmöglich sein, für 40 Prozent der Posten weibliche Kandidaten zu finden, die tatsächlich die entsprechende Qualifikation mitbringen. In erster Linie bedeutet dies nämlich: Jahrzehntelange Erfahrung in Führungspositionen - eines der wichtigsten Kriterien bei der Beurteilung eines Aufsichtsratskandidaten. Es dauert 15 Jahre, um Mitarbeiter auf eine Rolle allein auf Vorstandsebene vorzubereiten. Hierzulande gibt es einfach noch nicht genug weibliche Führungskräfte, die so weit sind. Das merken auch die Personalvermittler unserer auf hochqualifizierte Talente spezialisierten Tochtergesellschaft Experis.
Im DAX-30-Index hat sich der Frauenanteil in den Aufsichtsräten innerhalb von zwei Jahren zwar bereits auf 15 Prozent verdoppelt. Doch die Steigerung hat gleichzeitig eine Senkung des Altersdurchschnitts mit sich gebracht. Mangelnde Erfahrung von Aufsichtsräten wirkt sich jedoch nachweislich negativ auf den Geschäftserfolg aus. Das zeigt sich auch in Norwegen, wo 2003 eine starre Frauenquote für Aktiengesellschaften eingeführt wurde. Das Beispiel macht auch deutlich: Unternehmen, in denen die Frauenquote zuvor sehr gering war, hatten die meisten wirtschaftlichen Probleme. In den Aufsichtsräten von TecDax- und S-Dax-Firmen ist der Frauenanteil mit sieben beziehungsweise sechs Prozent besonders gering. Ihnen sollten deshalb deutlich mehr Ausnahmen zugestanden werden.
Der Grund, warum überhaupt so wenige Kandidatinnen für den Aufsichtsrat zur Verfügung stehen, ist der, dass die Frauenförderung nicht weit genug unten ansetzt. Deutschlands Unternehmen sollten zunächst einmal den Frauenanteil in ihrer Gesamtbelegschaft erhöhen. Der liegt in den DAX-Unternehmen etwa bei 33 Prozent. Anschließend ist der Frauenanteil im mittleren Management, schließlich auf Geschäftsführer- und Vorstandsebene zu erhöhen. Nur so werden ausreichend Frauen auf die obersten Positionen vorbereitet. Ein Beispiel zur Verdeutlichung der Dimensionen: In der gesamten deutschen Privatwirtschaft fehlen aktuell noch etwa eine halbe Million weibliche Führungskräfte, um auf Managementebene auf eine 40-prozentige Frauenquote zu kommen
Diese Managerinnen fallen nicht einfach vom Himmel. Wenn Frauen "von unten" an gefördert werden und in gebotener Anzahl für die oberste Ebene zur Verfügung stehen, können dort auch Ungleichheiten bezüglich Ressorts und Mandatsanzahl in den Blick genommen werden. Frauen in den Aufsichtsräten verantworten nämlich deutlich weniger Ressorts als ihre männlichen Kollegen und werden häufig auf die Personalleitung reduziert."